Ein liebgemeinter Ratschlag - Meine Meinung zu GenKI in der Kunst
- Stefanie Henkel

- 30. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Tl; dr: Benutz bitte keine KI fürs Schreiben.
Ja, ich weiß. Augenverdrehen – jetzt folgt wieder so eine moralische Standpauke. Aber über die ethischen und ökologischen Auswirkungen von KI können euch die verlinkten Quellen weitaus mehr erzählen als ich.
Ich bin bloß eine Künstlerin.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Leute da draußen, die empfehlen, KI-Tools zu benutzen. Dabei unterscheidet man zwischen assistiver KI und generativer KI (GenKI). Assistive KI arbeitet lediglich unterstützend, wie in Form von Rechtschreib- und Grammatikprüfung. Generative KI erschafft "neue" Inhalte, wurde jedoch mit den Werken von Künstler*innen trainiert, die nie dafür kompensiert wurden.
Bitte informiere dich selbst zum Thema GenKI in der Kunst und bilde dir deine eigene Meinung. Ich möchte dir nur darlegen, warum ich es in künstlerischen Prozessen nicht empfehle.
Ich verstehe, warum Leute es nutzen. Denn, ja: Schreiben ist zeitaufwändig und es gibt Aspekte, die vielleicht nicht ganz so viel Spaß dabei machen. Mal weiß man, wie eine Szene verlaufen soll, kriegt sich aber einfach nicht dazu aufgerafft oder findet nicht die richtigen Worte. Es ist so verlockend, einfach ein Prompt in ChatGPT zu hauen und der GenKI die Arbeit zu überlassen.
Aber damit schadest du dir langfristig nur selbst.
Ich möchte kurz ausschweifen. Da ich ja die letzten Jahre mit Studieren verbracht habe, war ich mehr als genug in Kontakt mit Studierenden, die darauf beharrt haben, ohne ChatGPT ginge es nicht gar nicht mehr. Am meisten „schockiert“ hat mich eine Situation im Seminar, wo wir eine Diskussionsaufgabe in Gruppen bekommen haben. Es ging einfach nur um den Austausch über ein Lied, das wir zuvor gehört hatten. Wir sollten unsere persönlichen Eindrücke darlegen – es gab also kein richtig oder falsch. Trotzdem hat ein Mitglied der Gruppe das Handy gezückt und ChatGPT gefragt, was man denn für Eindrücke über diesen Song haben könnte.
Falls diese Anekdote nicht schon für sich selbst spricht, frage ich mich auch immer bei all den Menschen, die so eiskalt darauf beharren, dass KI ja alles besser machen würde: Ist vielleicht das Problem, das wir so eine große Angst davor haben, schlecht in etwas zu sein?
Und wie gesagt - in vielen anderen Bereichen, wo es eben ein eindeutiges "richtig" oder "falsch" gibt, wie beispielsweise in der Mathematik, ist der Nutzungswert sicher unbestreitbar. Aber in der Kunst gibt es eben kein "richtig" oder "falsch". Es wird sich zwar oft darüber gestritten, aber Kunst ist und bleibt Geschmackssache.
Dennoch fürchten scheinbar immer mehr Leute, etwas falsch zu machen. Beziehungsweise schlecht in etwas zu sein.
Anscheinend geht das ja schon so weit, dass wir fürchten, unsere Meinung zu einem einzigen Song, in einer Aufgabe, zu der es nicht die eine Lösung gibt, könnte falsch sein.
Bitte, habt keine Angst davor, schlecht in etwas zu sein, denn es wird so oder so passieren. Auch mit KI. Ich habe singen, tanzen, schauspielern und schreiben nicht angefangen, weil ich von Anfang an gut darin war. Jeder der mich vor meiner Ausbildung Singen hören hat, kann das bestätigen. Aber ich wollte gut darin sein. Das ist aber ein Prozess, den man nicht überspringen kann.
Gerade nach der Erstellung deiner Prämisse hast du vielleicht Sorge, deine Idee wäre nicht originell genug. Mal abgesehen davon, dass GenKI in dem Zuge so ziemlich der schlechteste Ansprechpartner wäre, weil es eben auf gestohlenen Daten trainiert wurde, sondern auch, weil Originalität in diesem Schritt erst mal egal ist. Denn viele Geschichten ähneln sich in ihrer Prämisse.
Ein Beispiel: "Frau wird von Mann entführt/gefangen gehalten und verliebt sich in ihn". Na, um welche Geschichte geht es?
365 Days?
Die Schöne und das Biest?
Der Sternenwanderer?
Drei sehr unterschiedliche Geschichten, aber alle haben dieselbe Prämisse.
Originalität kommt von den Nuancen der Geschichte. Und natürlich von deiner persönlichen Erzählweise als Autor*in, deinem Stil und deiner ganz persönlichen Botschaft.
ChatGPT oder andere KI-Tools wissen nicht, warum sie das tun, was sie tun. Du schon. Du hast dich aus einem Grund dazu entschieden, eine Geschichte zu erzählen.
Das ist deine Geschichte. Verfüttere sie nicht an irgendeinen Roboter, der sie einmal wiederkaut und entmenschlicht. Denn deine Geschichte wird nur zu deiner Geschichte, weil deine persönlichen Erfahrungen mit hineinspielen.
Lena aus meinem Buch "Wasser" spielt Geige, weil ich als Kind unbedingt auch Geige lernen wollte, es aber nie getan habe. Musik ist ein wiederkehrendes Thema in meinem Buch, weil es mir am Herzen liegt. Diese persönliche Note kann keine KI für dich rekreieren, denn sie hat nicht dein Leben gelebt. Deine Persönlichkeit macht deine Geschichte wertvoll und einzigartig. Auch, wenn du es jetzt vielleicht noch nicht siehst.
Was ich meine ist also: Du brauchst es nicht. Menschen sind schon seit Jahrtausenden ohne die Hilfe von GenKI kreativ, dann kannst du das auch. Und ja, manchmal ist es nicht einfach - und es geht auf keinen Fall schnell -, aber du wirst dich viel besser fühlen, wenn du selbst hinter die Lösung deines Problems gekommen bist. Kreativität ist menschlich und offensichtlich will sie aus dir heraus. Aber du musst sie auch trainieren und füttern und du musst dich auf deinem Weg Herausforderungen stellen.
Sehen wir es mal so: Wenn du einen Ghostwriter engagierst, schreibt der das Buch für dich. Er tritt dir somit dann die Rechte daran ab, aber das ändert nichts daran, dass du es nicht selbst geschrieben hast. Das wird niemals dein Buch sein. Und das wäre doch schade, oder?








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